Eintrag #34 Teil 2 Mein Tagebuch, von Frederick Usiku Krüger
Ich fuhr zurück in die Stadt, schweißgebadet, mein Magen schmerzte. Also -- dann wurde es jetzt ernst. Alles, wofür ich ausgebildet worden war, mein ganzes Leben lang, würde jetzt passieren. Es war, als würde die Uhr Mitternacht schlagen und beim letzten Glockenschlag würde ich verheiratet sein... mit jemand, die ich nicht ausstehen konnte.
Jemand, die ich nicht ausstehen konnte, für die ich mich verpflichtet hatte, mein Leben zu geben. Jemand, die ich nicht ausstehen konnte, die mich bis aufs Blut gereizt hatte, aber der ich immer respektvoll gegenübertreten muß. Jemand, die ich nicht ausstehen kann, die nicht verhehlt, daß sie mit mir auch nicht glücklich ist.
Innerhalb einer Woche würde ich mit ihr verheiratet sein. Für immer.
Wir würden sofort gehen müssen, also war es keine Option mehr, sie zu einer stillen, zivilen Zeremonie hier in Amerika zu überreden. In Rackenroon würde es selbstverständlich eine große Staatshochzeit geben, hauptsächlich, weil Ihre Hoheit eine gute Party liebt und alle Register ziehen würde. Meine Mutter würde ebenfalls die Welt wissen lassen wollen, daß ihr Sohn eine zukünftige Fürstin heiratet, mit dem dem ganzen großen, öffentlichen, zeremoniellen Brimborium, um es zu beweisen. Der Gedanke, daß ich ein traditionelles Hyänen Hochzeitskostüm tragen müsste, mit Federkopfschmuck und Baströckchen verführte mich zu dem Gedanken, das Auto in einen Brückenpfeiler zu rammen.
Das Gefühl hilfloser Frustration würgte mich. Und jetzt, wo Madame Fisi mir befohlen hatte, die Dinge in Bewegung zu setzen, fühlte ich mich, als wäre ich ruhig auf ein weitentferntes Ziel zugesteuert, nur um plötzlich auf ein Hindernis auf dem Weg zu stoßen. Mein Herz schlug bis zum Hals. Mein Schicksal zog über mir hinauf, wie ein gefräßiges Monster mit tropfenden Zähnen und Klauen das forderte, meine Jungfräulichkeit zu opfern. Ich wollte in die Eisen steigen, um es zu vermeiden, aber ich rutschte weiter darauf zu, machtlos, hilflos, vor Schrecken schreiend in meinem Kopf.
Es war nicht so schlimm wie Jinjur oder Vyschuss zu heiraten, aber es war ganz bestimmt nicht das, worauf ich gehofft hatte. Sie respektierten mich zumindest in gewisser Weise als Gegner, wenn schon nichts anderes. Kathryn behandelte mich wie einen Witz, ein Ziel für ihren unbändigen Sinn für Humor, nahm es als Herausforderung, mich aus der Reserve zu locken.
Mein früheres Begehren für sie hatte sich entscheidend abgekühlt, als ich sie näher kennenlernte. Ihre mangelnde Sensibilität mir gegenüber und ihre hochmütige Haltung überzeugte mich, daß das, was ich gefühlt hatte, nichts als die erbärmlichen Regungen eines verzweifelten, einsamen Mannes mit überaktiver Vorstellungskraft waren. Und dann ließ mich ihr trauern wegen der kürzlichen Abreise ihres Freundes Scooter mich glauben, daß ich für immer gegen seinen Geist würde antreten müssen.
Nun, es war ja nicht so, als hätte ich je erwartet, die Frau zu lieben, die ich heiraten würde. Reiß Dich zusammen, Soldat, sagte ich grimmig zu mir selbst. Ich würde meine Pflicht tun, und das wäre es dann. Es gibt sicherlich schlimmere Posten auf die man mich hätte befehlen können.
Und es gab die kleine Chance, daß ich sie nicht sofort würde heiraten müssen. Ich tröstete mich mit dem Gedanken. Ich mußte sie nur zügig nach Rackenroon befördern -- und sobald sie dort war, würde sie von Ihrer Hoheit formell vor einer Versammlung von Adeligen anerkannt werden, um als offizielle Erbin zu gelten. Ich konnte sie nur heiraten, nachdem ihr Anspruch bestätigt wäre. Der Vertrag meiner Mutter besagte ganz explizit, daß ich die Erbin heiraten musste. Keine Ausnahmen.
Also hatte ich etwas Spielraum an der Front. Exzellent.
Ich richtete meine Gedanken auf all die Vorbereitungen, die nötig sein würden, um in den nächsten 24 Stunden aufzubrechen. Ich kam zu dem Schluß, daß es nicht möglich wäre, die Stadt in unter zwei Tagen zu verlassen, wenn ich in Betracht zog, daß ich die beiden Schwestern in ein Flugzeug befördern musste, ohne jemandem etwas zu verraten -- geschweige denn, den Beiden.
Diese Brückenpfeiler sahen auf einmal sehr verlockend aus. Es wäre aber eine Schande, das Auto zu ruinieren...
Genug von diesem Unsinn. Eine Aufgabe musste erledigt werden, eine ungemein wichtige Aufgabe mit beinahe unüberwindbarer Logistik. Ich mußte einen Weg finden unsere Abreise zu forcieren, ohne Fräulein Grrsn unnötig zu beunruhigen, oder sogar irgendjemand anderes von meinen Absichten zu unterrichten.
Es war klar, daß ich sie würde anleiten müssen -- sie drängen, um genau zu sein, weil sie sich der Dringlichkeit nicht bewußt war. Ihr Kalender hatte nur einen Tag -- "Manjana". Ich würde so respektvoll wie möglich sein, während ich die Situation in die Hand nahm. Sie steht zwar sozial auf einer höheren Stufe, aber meine Befehle von der höchstrangigen Hyäne des Landes waren, sicherzustellen, daß sie heil und gesund in Rackenroon eintraf.
Als ich zu meinem Appartment zurückkehrte, beschäftigte ich mich damit, einen Reiseplan zusammen zu schustern, der mit Sicherheit jeden Verfolger abschütteln würde. Dann ging ich los und kaufte eine passende Garderobe für sie -- ihre Proportionen abschätzend natürlich, und wählte ein extra für Geräumigkeit. Ich suchte mehrere Blusen aus und eine Anzahl Hosen in den Farben khaki und grau, in, was manche 'Safari Stil' nennen würden, dazu ein gutes Paar Lederstiefel, die ihr das Auftreten einer Hyäne von hohem Rang gaben. Ich fügte als Sahnehäubchen noch einen netten Tropenhelm hinzu.
Als ich einkaufte, erstellte ich meinen Plan, um sie ausser Landes zu bekommen. Ich hatte gehört, daß ihre Freunde ernsthaft diskutierten, für sie eine große Abschiedsfeier zu geben; das durfte auf keinen Fall passieren. Ich mußte alle ausgedehnten Abschiede umgehen, eingeschlossen die mit ihrer Familie.
Ich wußte, daß ich hier einen dunklen und gefährlichen Weg beschritt, aber verzweifelte Zeiten erfordern verzweifelte Maßnahmen.
Ich hielt bei ihrem bevorzugten Donutladen und kaufte ein Dutzend Marmeladen Donuts. Dann rief ich ihre Schwester an.
"Was willst Du?" fragte sie schroff.
"Nun, ich habe in letzter Zeit Probleme zu schlafen. Es... geht so viel durch meinen Kopf. Könnten Sie mir etwas empfehlen, das mich für... äh, acht bis zwölf Stunden schlafen lässt...?"
"Jaa... ich denke ich habe da etwas, das funktionieren dürfte. Wir verwenden es in der Ambulanz, um unkooperative Patienten zu sedieren."
"Ist es sicher...?"
"Oh, sicher. Eine Pille kann einen Gorilla flachlegen, aber es hält nur ein paar Stunden. Bis dahin haben die Ärzte ihn ordentlich verschnürt."
"Ich, äh... nehme nicht an....?"
Sie seufzte stotternd.
"Warum nimmst Du nicht einfach Sominex oder sowas?"
"Hat nicht funktioniert."
Sie grunzte. "Vielleicht wenn sie aufhören würden, so viel Kaffee zu trinken, Lieutenant..."
"Bitte, Fräulein Sandy... meine Müdigkeit beeinträchtigt meine Arbeit. Ihre Großmutter wird mir wehtun, wenn ich es wieder vermassle..." wimmerte ich.
"Und das soll mich davon überzeugen, Dir zu helfen?" fragte sie. Ich knirschte mit den Zähnen, um eine scharfe Antwort zu unterdrücken.
"In Ordnung, ich werde Dir helfen," entschied sie dann. "Aber sag niemandem, daß ich Dir das gegeben habe. Ich darf diese Dinger nicht verteilen, wie Bonbons, weißt Du!"
Ich dankte ihr und verabredete ein Treffen im Park mit ihr in einer halben Stunde. Sie war vor mir dort mit ihrer Ambulanz, leckte ein Eiscremewaffel, die sie gerade von einem Händler gekauft hatte. Als ich zu ihr kam, gab ich ihr die Schachtel mit Donuts und sie gab mir ein zusammengefaltetes Tuch, in dem ich einige harte, runde Gegenstände fühlen konnte.
"Sei vorsichtig damit," warnte sie mich aus dem Mundwinkel. "Bei Deiner Größe sollte eine reichen. Vielleicht solltest Du sogar nur eine halbe nehmen."
"Ich weiß das zu schätzen," sagte ich ihr und verstaute das kleine Bündel in meiner Tasche. Sie zuckte die Schultern, schob sich die Waffel in den Mund und leckte dann ihre Finger ab."
Ich drehte mich um zu gehen, aber sie stoppte mich mit einem gebieterischen "Hey!"
Ich drehte mich zu ihr zurück, mit einem unwilligen Seufzer.
"Wie läuft es denn so?" fragte sie. "Ich habe Dich schon eine ganze Weile nicht gesehen."
Ich zuckte die Schultern. "Es geht mir gut. Ich bin... beschäftigt."
"Ja?" Sie sah mich von oben nach unten an, als suchte sie nach dem besten Ort um ein Messer hineinzustecken. "Da sagt meine Schwester aber was ganz anderes. Sie sagt, Du hängst die ganze Zeit in dem Cafe ab."
Ohne mir eine Chance auf eine Antwort zu geben, hob sie ihren Kopf, verschränkte ihre Arme und fügte hinzu, "Weisste, Du könntest netter zu meiner Schwester sein. Sie sagt, Du wärst immer so steif und formell zu ihr -- Du verletzt wirklich ihre Gefühle."
Ich hustete. "Ich verletze IHRE Gefühle --?!"
"Ja. Sie denkt, Du hasst sie oder so was."
Ich verhaspelte mich und Fräulein Sandy verengte ihre Augen. "Ich -- ich bin nur angemessen respektvoll zu ihr, Ma'am," brauste ich auf.
"Sie sagte mir, daß Du sie ausschließt, wie sehr sie auch versucht nett zu Dir zu sein," fuhr Sandy fort. "Siehst Du das nicht? Sie mag Dich --"
"Mag es mich zu schikanieren, meinen Sie," knurrte ich mürrisch. Ihre "Versuche, nett zu sein" nahmen gewöhnlich die Form von Sticheleien an.
"Nein -- ich meine, sie möchte mit Dir Freundschaft schließen, aber jedes Mal, wenn sie --" Sie hielt inne, als hätte sie gemerkt, daß sie ein Versprechen brach und schaute finster. "Sie sagte, Du wärst zum Personal des Cafes netter als zu ihr -- kochst für sie und so, bestellst eine Ladung Kaffee von Südafrika für sie --"
"Meiner Familie gehört zufälligerweise eine Plantage," sagte ich ihr mit beleidigter Würde. "Das Cafe wird vielleicht ein Kunde. Ich nenne es Werbung."
"Ja, nun -- vielleicht, wenn Du aufhören würdest ans Geschäft zu denken und mehr an sie denken würdest..."
"Ma'am -- sie IST mein Geschäft," informierte ich sie.
"Sie ist Deine Verlobte --!" protestierte Fräulein Sandy.
"Eine politische Heirat, nicht meine eigene Wahl," erinnerte ich sie.
Sie starrte mich an. "Junge, Du bist wirklich kalt wie ein Fisch...!" spottete sie angeekelt. "Wenn nicht meine Großmütter Dich ihr aufdrängen würden, dann --"
"Wenn ihre Omas mich ihr nicht aufdrängen würden -- dann müsstest Du das auch nicht!" schnappte ich.
"Es ist alles in Ordnung mit meiner Schwester!" bellte sie mich jetzt an. "Sie könnte jeden Mann haben, des sie wollte -- Du hast verdammtes Glück, sie zu bekommen!"
"Das werde ich entscheiden!" gab ich zurück. "Bis jetzt bin ich nicht beeindruckt - und ich bin auch nicht sicher, ob nicht jeder Mann sie schon hatte!"
Sandys Arm holte so schnell aus, daß ich mich beinahe zu spät duckte. Ich wich außer Reichweite und sie zeigte mit dem Finger auf mich.
"Ich mag Dich nicht," informierte sie mich scharf, "und mir gefällt ganz gewiss auch nicht dieser Mist in den Du meine Schwester hineinziehst. Aber eins sage ich Dir, Freundchen -- sie ist die verdammt beste Sache, die Dir je passiert ist, merk Dir das! Vielleicht zieht sie merkwürdiges an, aber..." Sie wurde leiser und sah auf den Boden. "Sie ist die beste Person, die ich kenne."
Sie sah wieder auf zu mir, mit einem grimmigen Ausdruck in ihren grünen Augen. "Ich liebe meine kleine Schwester. Es gibt nichts, was ich nicht für sie tun würde. Und falls Du ihr weh tust, dann werde ich --"
"Sie werden dabei sein, um das zu verhindern," erinnerte ich sie. "Übrigens -- haben sie schon angefangen, für die Reise zu packen?"
Sie schien etwas aus der Spur und schüttelte den Kopf. "Was? Oh, zur Hölle, nein. Bis dahin sind noch zwei Wochen."
"Sie sollten jetzt damit beginnen," wies ich sie an und ging dann, bevor ihr noch etwas anderes einfiel, daß sie mir sagen wollte.
*
Ich kaufte ein weiteres Dutzend Donuts und kehrte zu meinem Appartment zurück. Ich plazierte das Tuch mit den Betäubungsmitteln sorgfältig neben die Schachtel.
Ich mietete ein Auto und lud das Gepäck in den Kofferraum. Ich ließ aber meine Reisetruhe draußen, weil ich einen besonderen Auftrag für sie hatte.
Ich rief Professor Brown an, unter dem Vorwand mich zu erkundigen, ob Madame Fisi sicher nach Hause gekommen war und dann fragte ich ihn, ob er sich für mich um meinen Lotus kümmern könnte. Er schien recht begeistert davon, zu helfen.
Ich rief auch die Fürstin an, um ihr mitzuteilen, daß die "Spezialgegenstände, die sie angefordert hatte, innerhalb der nächsten Tage in Kilbasa eintreffen würden" und daß sie "jemanden schicken möchte, um es für sie abzuholen" wenn ich sie das nächste Mal anriefe.
"Wovon zur Hölle reden Sie da, Krüger?" grummelte sie. "Sie wissen, daß es hier nach Mitternacht ist -- ich habe geschlafen!"
Ich entschuldigte mich und wiederholte die Geschichte mit anderen Worten. "Die Umstände erfordern es, daß wir sofort aufbrechen. Wir kommen in Kilbasa hoffentlich am Samstag an. Ich halte Sie über unsere Fortschritte auf dem laufenden." Ich wollte sie besser nicht mit der vollen Geschichte aufregen... besonders, weil manche Parteien vielleicht mithörten.
"Oh. Gut, warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Mann, das läßt mir nicht viel Zeit --"
"Alles, was wir benötigen, ist eine vertrauenswürdige Person, die uns am Flughafen trifft," versicherte ich ihr. "Vorzugsweise jemand, der keine Aufmerksamkeit erregt. Wir wollen uns reinschleichen -- unangemeldet, wenn es geht."
"Sicher, sicher -- cleverer Schachzug -- in Ordnung, Lieutenant. Ich werde auf Sie warten."
Ich legte auf mit einem schleichenden Gefühl von Schrecken. Ich hatte ihr zu viel erzählt.
Im Rückblick, schätze ich, hätte ich einfach ein Flugzeug mieten und es selbst herfliegen können, aber das hätte ewig gedauert. Oder ich hätte meine Mutter bitten können, mir einen ihrer Jets zu leihen. Aber keine von diesen Optionen kamen mir zu der Zeit in den Sinn. Außerdem, wenn Madame Fisis Quellen korrekt waren, dann hätte die Ankunft eines Krüger Jets auf dem Flughafen im verschlafenen Kilbasa unsere Rivalen alarmiert. Ich hoffte, Kathryn unterhalb des Radars einzuschmuggeln und sie zur Erbin erklären zu lassen, bevor Jinjur oder Vyschuss überhaupt wußten, daß sie im Lande war.
Ich ging an jenem Abend ins Bett und fragte mich ob ich eine der Schlaftabletten nehmen sollte, nur um zu sehen, ob sie funktionierten.
Oder vielleicht alle nehmen..."
(Fortsetzung folgt...)
Copyright by, Kathryn Garrison Kellogg
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