Eintrag #40 Mein Tagebuch, von Frederick Usiku Krüger
Die Mahlzeit war recht zufriedenstellend und wir aßen uns satt und darüber hinaus. Wie Kathryn sich ausdrückte, unsere Bäuche waren wohlig gedehnt. Wir sprachen nicht viel, weil wir zu sehr mit essen beschäftigt waren. Wir kehrten zurück zum Lagerfeuer, um den Musikern zu lauschen, die weiche, romantische Melodien spielten und ließen das Essen rutschen, bevor wir uns ins Bett begaben. Die Luft war mild und voll von zirpenden Heimchen.
Horn war wieder zu uns gestoßen und gefiel sich darin, den Mädchen amüsante Anekdoten über seine Abenteuer als Ihrer Hoheit Ranger zu erzählen. Ich saß dahinter, neben Kathryn und versuchte, mich ruhig zu entspannen, aber ein unbekanntes und unangenehmes Gefühl störte mich, das kurz nach dem Abendessen begonnen hatte und immer stärker wurde, langsam und unregelmäßig, aber unaufhaltsam.
Meine Nase nervte mich immer noch, aber jetzt fühlte ich mich auch noch benommen, obwohl ich keinen Alkohol getrunken hatte. Ich versuchte, mir einzureden, es wäre lediglich Erschöpfung, der Zusammenbruch all der nervösen Energie und Adrenalin unter dem ich gestanden hatte -- seit Tagen, jetzt, wirklich; aber da war noch etwas anderes. Es war ein Gefühl wie Schwindel. Ich fühlte mich ein wenig übel, benommen und meine Finger und das Gesicht kribbelten.
War es möglich, daß ich krank wurde? Ich hatte alle meine Impfungen für internationale Reisen und Hyänen waren sowieso immun gegen die meisten Krankheiten, wie auch immer... aber boah, ich fühlte mich nicht gut... ich rieb mir den Kopf und das Gesicht und rutschte etwas in meinem Campingstuhl, als winzige Lichtpunkte vor meinen Augen zu tanzen begannen.
Was war los? Hatten sie wirklich was in unser Essen getan, in dem Restaurant? Wurde ich Opfer eines langsam wirkenden Giftes?
Und dieser Geruch... wo kam der bloß her? Es roch nicht wie eine Blume, die ich kannte... moschusartig, aber süß... nicht unangenehm... nett, um genau zu sein... ja, sehr nett. Sehr... angenehm, tatsächlich. Fast... köstlich... das Wasser lief mir im Mund zusammen. Ich schnüffelte herum und entdeckte, daß es aus Kathryns Richtung zu kommen schien. Vielleicht etwas, das die Warzenschweine in ihr Bad gegeben hatten?
Dann ging mit langsam ein Licht auf. Ein Licht, das einen kalten, bleiernen Schmerz des Schreckens in meinen Magen fahren ließ.
Sie war in einer lebhaften Unterhaltung mit Sandy und Horn gefangen und bemerkte deshalb nicht, daß ich mich herüberlehnte und erneut schnüffelte. Nicht nur, daß es bestätigte, daß der angenehme Geruch von ihr kam, ich fühlte auch eine Welle überwältigenden Schwindels durch mich fahrend, als ich einatmete, in meine unteren Regionen strömend und sie in Brand setzend.
Ich wich mit einem winzigen Luftschnappen von ihr zurück und stopfte eine Faust in meinen Mund. Oh, nein... nein, nein, nein, nein --! Das kann nicht passieren... das ist unmöglich... nicht jetzt!! So viel Zufall gibt es im ganzen Universum nicht --!
Mein Gehirn raste im Fieberwahn. Die einzige Sache, die ich sicher wußte war, daß ich mich von ihr entfernen mußte und diesem berauschenden Duft. So höflich, wie ich konnte, entschuldigte ich mich und eilte zur Dusche, um mich mit Wasser zu überschütten, voll angezogen, in einem Versuch den verbleibenden Geruch abzuwaschen und meine Hitze zu löschen.
Dann stolperte ich zu meinem Zelt, kramte durch mein Gepäck, fand mein eigenes Tablet und suchte nach einer bestimmten Passage in dem Ratgeber, "Wie man einer Hyäne schmeichelt, Buch 1 - 36."
Der zutreffende Paragraf sagte:
"Sobald er die Brunst einer Hyäne entdeckt, verliert ein Hyänenmann oft jeden Sinn für Anstand -- sogar den für die Selbsterhaltung. Der einzige Gedanke, Sex mit ihr zu haben, wird ihn verschlingen. Er wird ein riskantes und manchmal selbstmörderisches Verhalten zeigen bei dem Versuch ihre Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Manchmal besteht das Risiko nur darin, sich ihr zu nähern, da Hyänen sehr zwiespältig dem Gedanken an Sex gegenüber stehen und gewöhnlich gewaltsam auf jede Art von Vorspiel reagieren. Für einige Männer ist dies die Zeit intensiven Schmerzes..."
Ja! Natürlich! Sie kam in Hitze! Jetzt machte alles auf einmal Sinn -- ich roch ihre Pheromone und sie beeinflußten mich so, wie die Natur es vorgesehen hatte! Ich wurde gar nicht verrückt, noch wurde ich krank, noch war ich vergiftet!
Ich seufzte tief vor Erleichterung.
Dann wurde mir etwas anderes klar...
OHMEINGHOTTSIEISTBRÜNSTIG...!!!!!!
Ich las weiter, das Herz klopfte bis zum Hals...
"Eine weibliche Hyäne wird mit etwa zwanzig Jahren geschlechtsreif. Hyänen kommen einmal im Jahr in die Brunst. Die Brunstperiode ist von Nicht-Hyänen beinahe nicht zu bemerken; die Frauen scheinen etwas launischer als gewöhnlich, entweder garstiger oder sie werden freundlich und gefühlvoll. Die Brunst kann zwischen drei Tagen und einer Woche dauern. Die Gegenwart eines Mannes kann den Fortpflanzungszyklus einer Frau stimulieren. Männer vom Geburts-Clan rufen keine Reaktion bei den Frauen hervor; allerdings wird ein eingewanderter Mann eines nichtverwandten Clans nicht nur in der Lage sein, den Zustand der Frauen zu bemerken, sondern seine Pheromone werden auch als Katalysator dienen, um sie in volle Brunst zu treiben. Sie wird ihn dann bedrängen, bis sie ihn von ihren Absichten überzeugt. Da die Männer normalerweise Angst vor den Frauen haben, muß sie ihn oft alleine zu einem einsamen Ort bringen, wo sie ihre Bereitschaft signalisiert, indem sie zart, sanft und spielerisch auftritt. Die Kopulation folgt bald darauf..."
Ich starrte auf den Ratgeber. Sie... sie könnte -- nein, würde -- etwas von mir wollen... etwas, das mir nicht erlaubt war ihr zu geben, aber wenn sie es forderte, würde ich ihren Wünschen nachgeben müssen... nicht, daß ich nicht wollte, aber ich konnte nicht -- es war verboten; nicht nur durch die Klauseln in Mutters Vertrag, aber aus sozialer Konvention, die fordert, daß die Person der Erbin unantastbar ist, unberührbar... na ja, sie war zwar noch nicht die Erbin, aber das war nur Haarspalterei -- nun, Du weißt worauf ich hinaus will.
Ich zuckte zusammen, als meine Augen die Seite hinuntereilten. Wenn sie in Hitze war, war ich in Schwierigkeiten. Nichts konnte eine Hyäne in Hitze aufhalten -- das war die Art und Weise, wie die Natur garantierte, daß die Hyänen sich fortpflanzten, wenn man den Widerwillen der Frauen bedenkt, sich selbst zu erniedrigen, indem sie sich den Männern aus sexuellen Gründen unterwarfen. Diese Frauen, deren Hitze stark genug war, diesen Widerwillen zu überwinden, bekamen Töchter, die diesen Zug erben würden und so überlebte das bizarrste der Evolution bekannte Lebewesen trotz seiner selbst. Und vererbte eine Jekyll und Hyde Einstellung zu Sex.
Und ihre Mutter hatte drei Kinder...
Mein Mund war trocken und meine Handflächen waren feucht, als ich weiterlas über den Sex der Hyänen. Berüchtigt für seine Schwierigkeiten, gab der Ratgeber zu. Männer waren gewöhnlich voller Angst, den Frauen zu mißfallen, was ihre tapsigen Versuche noch schlimmer machte und gewalttätige Reaktionen der angeekelten und unbefriedigten Frauen hervorrief. Ich schluckte und zog an meinem Kragen. Ich war verdammt... ich kauerte mich vor Angst zusammen. "Oh, Mist..." flüsterte ich durch zitternde Lippen.
"Hey Louie -- was liestn' da?" Kathryns Stimme war dicht an meinem Ohr. Sie hörte sich fröhlich an. Sanft. Beinahe spielerisch. Außerdem mußte sie über meine Schulter die Illustrationen in dem Ratgeber in meinen zitternden Händen gesehen haben, weil sie in beleidigtem Schreck nach Luft schnappte, "Porno, Lieutenant? Das hätte ich nicht von Dir gedacht!"
Ich kreischte und fuhr aus der Haut, nicht nur, weil sie mich dabei überrascht hatte, etwas zu lesen, das so leicht falsch eingeschätzt werden konnte, sondern weil ich so vertieft gewesen war, daß ich sie nicht hatte hinter mich treten hören und es erschreckte mich zu tode. Als ich nach Luft schnappte und stotterte, verschränkte sie ihre Arme ärgerlich und schimpfte, "Und ich dachte, Du würdest krank werden oder so was! Nein, Du hast Dich fortgeschlichen um Dir so was --"
Ihr Ärger beflügelte meine eigene Empörung. "Das ist kein Porno," sagte ich ihr knapp, während ich das Tablet unter meinen Arm klemmte und mich voll aufrichtete. "Es ist ein Ratgeber. Ich habe nachgeforscht --"
"Oh, ja, klar --!" schimpfte sie. "Du hast es wegen der Artikel gelesen, oder?"
Ich hob die Nase. Am besten ich hielt mich an die wissenschaftlichen Fakten. "Hyänensex ist berüchtigt für seine Schwierigkeiten. Da wir wenigstens ein Kind haben müssen, um die Nachfolge zu sichern, wünsche ich, die Erfahrung für Sie so angenehm wie möglich zu gestalten. Daher die Studien der Techniken."
Ihre Augenbrauen zuckten als würde sie fast meine Geschichte glauben und sah mich mißtrauisch an. "Oh," war alles, was sie erwiderte. "Oh."
"Wenn Sie mich jetzt entschuldigen möchten, Euer Gnaden," setzte ich fort und fummelte an der Kante des Tablets bei dem Versuch den Ausschalter zu finden, "Es war ein sehr langer Tag. Ich schlage vor, wir gehen direkt ins Bett."
Ihre beiden Augenbrauen gingen nach oben und der kleine Teil meines Gehirns, der überwacht, was ich sage, erkannte, daß die Bemerkung nicht genauso herausgekommen war, wie ich es gemeint hatte. Ich zuckte zusammen und räusperte mich. "Äh, ich meine -- schlafen gehen. In unseren eigenen getrennten Zelten... S-sie in Ihrem, dort drüben... dies hier ist m-meins, hier... das mit dem, äh, Einzelbett darin..."
Als unerwünschte Visionen des enormen, überdachten Bettes in ihrem Pavillon durch meinen Kopf blitzten, führte ich ein komische halbe Verbeugung aus und duckte mich in mein eigenes winziges Zelt, klappte den Eingang hinter mir zu und murmelte mit einem Kieks, "G-gute Nacht, Euer Gnaden."
Copyright by, Kathryn Garrison Kellogg
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